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Die Gewerkschaften müssen die vergifteten Rettungsaktionen der Europäischen Zentralbank zurückweisen

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Die Investoren freuen sich. Die Europäische Zentralbank, die Macht im Zentrum des grössten Bankenkonglomerats der Welt, hat sich dazu verpflichtet, die finanziell angeschlagenen Regierungen der Eurozone durch unbegrenzte Anleihekäufe zu unterstützen. Dies sollte im Prinzip sinkende Zinssätze und niedrigere Kreditkosten zur Folge haben. Damit ist aber ein hoher Preis verbunden: die Regierungen, die die Zentralbank um Hilfe ersuchen, müssen sich zu weiteren Stellen- und Ausgabenkürzungen im öffentlichen Dienst verpflichten.

Der EZB-Beamte Jörg Asmussen hat betont, dass Anleihekäufe "nur dann erfolgen werden, wenn sich das Land zu einschneidenden Reformmassnahmen verpflichtet. Dies ist eine notwendige Voraussetzung  für ein Tätigwerden der EZB." Die Direktorin des IWF setzte noch eins drauf, indem  sie die Unterstützung in den Anleihemärkten in Verbindung mit "makroökonomischen Anpassungsprogrammen und der Umsetzung der damit einhergehenden Struktur- und Steuerreformen begrüsste".

Das ist mittlerweile ein vertrautes Muster. Politik am Rande des Abgrunds ist die bevorzugte Waffe der EZB in einem massiven Angriff auf  öffentliche Dienste,  soziale Rechte und Kollektivverhandlungen im Einvernehmen mit der Europäischen Kommission und dem IWF (die "Troika"). In jedem Stadium der sich verschärfenden Krise hat die EZB den Zeitpunkt ihrer Interventionen im Hinblick auf maximale Schockwirkung gewählt, um die Sparmassnahmen zu verstärken. Die spekulativen Attacken waren gänzlich vorhersehbar in Anbetracht der Art und Weise, wie die Rettungsaktionen geplant worden sind.  Man lässt aber zu, dass die finanzielle "Ansteckung" sich ausbreitet. Erst wenn die Märkte ausser Kontrolle zu geraten drohen und die öffentliche Meinung durch ein mediales Trommelfeuer, das vor einer drohenden Katastrophe warnte, betäubt worden ist, tritt die EZB in Aktion – als Gegenleistung für weitere Kürzungen der öffentlichen Ausgaben und mehr Deregulierung.

Dieses zynische und gefährliche Spiel hat Millionen von arbeitenden Menschen schon unnötiges Leid zugefügt, und gerade ist uns noch mehr versprochen worden. Die Gewerkschaften müssen diese vergiftete Rettungspille unmissverständlich zurückweisen und eine radikale Änderung der Politik fordern.

Die EZB verfügt über enorme Ressourcen; in jedem Stadium der sich verschärfenden Krise standen ihr das Geld und die Mechanismen zur Verfügung, um die Spekulanten in die Schranken zu weisen. Sie verfügt auch über die Mittel, um das öffentliche Investitionsprogramm zu verankern, das das eigentliche Mittel zur Bekämpfung der Krise und die Alternative zu den Sparmassnahmen darstellt. Die Entscheidungsträger wissen, dass massive Ausgabenkürzungen die Arbeitslosigkeit verschlimmern und die öffentlichen Finanzen weiteren Belastungen aussetzen. Sie wissen auch, dass die aufeinanderfolgenden Rettungsaktionen die Regierungen dazu gezwungen haben, die verheerenden Kosten privater Verluste zu tragen. Sie müssen aber eine Lektion erteilen und eine Mission erfüllen.

Anfang dieses Jahres gab die EZB dem privaten Bankensektor eine Billion Euro an praktisch zinslosen Darlehen – ohne Auflagen. Es muss noch öffentliche Rechenschaft über die Verwendung dieses Geldes abgelegt werden (tatsächlich hat die EZB zugegeben, dass sie keine Ahnung hat). Doch werden die öffentlichen Finanzen in Ländern, die unter die Rettungsschirme schlüpfen, einer mikroskopischen Prüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass sie möglichst schmerzhaft sind und dass beiläufig Verordnungen erlassen werden, um in EU- und anderen internationalen Verträgen festgelegte Arbeitnehmerrechte aufzuheben.

Der Fall der verschwundenen Billion ist nicht das einzige ungelöste Rätsel der Eurozone. Wie hat sich beispielsweise die im Februar 2012 vorgenommene Umschuldung - der berühmte "Haircut" - tatsächlich auf die privaten Inhaber griechischer Anleihen ausgewirkt? Viele dieser Anleihen wurden billig aufgekauft, so dass sich astronomische Zinssätze ergaben, und dann durch Default Swaps gegen Verluste abgesichert. Wer waren die Verlierer, wer waren die Gewinner, und wie liegen die Dinge jetzt? Wie viel Vermögen ist Ländern entzogen worden, die angeblich von finanzieller "Unterstützung" durch die Troika profitierten?

Für diese Fragen ist in dem vorherrschenden Szenario kein Platz, dem zufolge unpolitische Technokraten tapfer gegen die anonymen Kräfte "des Marktes" kämpfen. In Wirklichkeit verfolgen die EZB und ihre Verbündeten eine hochpolitische Agenda, bei der es im Kern darum geht, die sozialen Fortschritte der letzten 50 Jahre zurückzudrängen oder zunichte zu machen.

Diese Agenda muss angefochten und vereitelt werden, zunächst durch Organisieren, um das neueste Programm für noch mehr Verarmung zurückzuweisen, und durch Verschärfung der Proteste gegen die Sparmassnahmen.

Ja, das Finanzsystem braucht eine stärkere Regulierung und strengere Durchsetzung. Die tiefer gehende Frage lautet: Regulierung wofür? Der Verlauf der Krise während der vergangenen vier Jahre, einer Krise, die von einer echten Lösung nach wie vor weit entfernt ist, zeigt, dass es notwendig ist, das Finanzwesen einer öffentlichen Aufsicht und demokratischen Kontrolle zu unterwerfen. Die Bekämpfung und Vereitelung der Sparprogramme ist die erste Etappe in dem Kampf mit dem Ziel, die Banken wie öffentliche Versorgungsbetriebe zu führen.

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