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EU-Regulierung von Private Equity: Ergebnisse und Aussichten

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Nach 18 Monaten der Verhandlungen hat sich das Europäische Parlament zu Jahresende auf die erste gesetzliche Private-Equity-Regulierung in Form einer rechtlich bindenden Richtlinie geeinigt, die bis 2013 in vollem Umfang wirksam werden soll. Was bedeutet das für die Arbeitnehmer/innen?

Die EU-Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment Fund Managers Directive/AIFM) sieht für Private Equity Fonds und Hedgefonds, aber auch für Immobilienfonds und Spekulationsfonds im Allgemeinen bestimmte regulatorische Vorschriften vor.

Die AIFM-Richtlinie ist das Ergebnis einer vor vier Jahren auf dem Höhepunkt des Booms der Unternehmensaufkäufe lancierten, politischen Initiative, die den negativen Auswirkungen der fremdfinanzierten Übernahmen („leveraged buyouts“) auf Firmen, Arbeitnehmer und Gewerkschaften Einhalt gebieten wollte, aber auch das erhöhte Risiko für das umfassendere Finanzsystem thematisierte, das durch die wachsenden Größe und den Umfang der Buyouts gegeben ist.

In einem von der Partei der Europäischen Sozialisten (PES, EU-Dachorganisation der Fraktion der sozialdemokratischen Parteien und Arbeiterparteien, der Poul Nyrup Rasmussen vorsteht) vorgelegten Bericht wurde ein ehrgeiziges politisches Programm formuliert, in das die wichtigsten Anliegen der Gewerkschaften eingeflossen sind und zu dem die Gewerkschaften, darunter die IUL, mit Analysen und Fallstudien wie auch mit konkreten Vorschlägen für regulatorische Maßnahmen beigetragen haben (siehe dazu den – nur in englischer Sprache zur Verfügung stehenden – Artikel IUF at the European Parliament Highlights Dangers, Risks of Private Equity Buyouts).

Was nun die Private Equity Fonds betrifft, sind wichtige Elemente dieses Programms  – Eingrenzung der Fremdfinanzierung, Maßnahmen zum Schutz gegen eine Vermögenszerschlagung der erworbenen Unternehmen in Form von „dividend recaps“ und anderen Instrumenten sowie konkrete Vorschriften hinsichtlich der Berichterstattung, die Arbeitnehmern und Regulierungsbehörden eine reelle Sicht auf den Zustand des Unternehmens erlaubt – trotz der Veränderungswut feindseliger EU-Parlamentariern erhalten geblieben, als es im September 2008 schließlich verabschiedet wurde. Die Annahme des Berichts stellte somit die erste Etappe auf dem Weg zu einer Richtlinie dar.

Was ist zwei Jahre und 1.700 Änderungen später davon geblieben? Es stimmt zweifellos, dass es den Fonds durch intensives Lobbying gelungen ist, die Richtlinie hinsichtlich ihrer Absichten und Konsequenzen massiv zu entschärfen.

Was bleibt, ist erstens die per Gesetz erfolgte Anerkennung, dass Private Equity eine eigene Herausforderung darstellt, die eine eigene Regulierung erfordert. Gegenüber der Ideologie des „sanften Umgangs“ und des „effizienten Markts“ ist das an sich schon als wichtiger Erfolg zu werten. Die Richtlinie ist in den Worten der PES „das erste Gesetzeswerk, das im Rahmen der europäischen Überwachung in Kraft tritt, und der erste Abschnitt einer umfassenden Gesetzgebung zur direkten Überwachung der Verwalter alternativer Investmentfonds (und indirekt ihrer Fonds).“

Zweitens zählt sie genaue Regelungen zu Transparenz und Offenlegung auf, was sich sowohl für die Arbeitnehmer wie auch für die Regulierungsbehörden als zumindest erster wichtiger Schritt erweisen wird.

Drittens benennt sie mit konkreten Worten, was mit der „Zerschlagung von Vermögen“ gemeint ist, wenngleich sie die Schwächung bis hin zur Zerschlagung rentabler Unternehmen, wie wir sie von früheren Buyout-Booms kennen, schlussendlich nicht verhindern wird. Private Equity Fonds werden während der ersten zwei Jahre nach einer Übernahme keine Dividenden ausschütten oder andere Formen der „Kapitalreduzierung“ vornehmen dürfen. Die Maßnahmen sind also sowohl von ihrem Wirkungsradius wie auch zeitlich eingeschränkt und gelten nur für große Unternehmen, doch die Annahme eines eigenen Artikels zur Vermögenszerschlagung stellt einen weiteren ersten gesetzgebenden Schritt dar und bedeutet die Anerkennung durch den Gesetzgeber, dass dem finanziellen Vandalismus durch Spekulationsfonds nur mit spezifischen Regelungen Einhalt geboten werden kann.

Und wenngleich sie der Fremdkapitalaufnahme per se – der Schlüsselkomponente einer fremdfinanzierten Übernahme – keine Einschränkungen auferlegt, müssen die Verwalter von Fonds, die über einer vorgeschriebenen Mindestgrenze liegen, ihren Verschuldungsgrad den nationalen Behörden mitteilen; diese können dann reagieren, wenn dieser Grad als systemisches Risiko gewertet wird.

Das Glas ist erheblich leerer als voll – tatsächlich ist es so gut wie leer – aber zumindest steht das Glas immer noch da und setzt sich gegen eine finanziell mächtige internationale Lobby zur Wehr. Und abgesehen davon, dass die Richtlinie nun existiert und bezeugt, dass es nötig ist, auf eine bislang unantastbare Tätigkeit gezielt zu reagieren, sieht sie auch einen Revisionsmechanismus vor, der 2017 erstmals einsetzt. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen. Das ist entscheidend, da angesichts niedriger Zinssätze und wieder im Geld schwimmender Investoren der Boden für ein neuerliches Aufkommen fremdfinanzierter Übernahmen bereitet ist.

Sollte das Dienstleistungsunternehmen ISS, das gemeinsam mit einer halben Million Beschäftigten versteigert werden soll, erfolgreich an neue Private Equity Besitzer transferiert werden, würde das signalisieren, dass die Buyout-Tätigkeit im Begriff ist, von den zuletzt in kleinem Maßstab durchgeführten Geschäften, welche ihr infolge der Finanzkrise auferlegt wurden, wieder abzusehen. Und das würde bedeuten, dass die Beschäftigten in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und massiver Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben erneut mit Angriffen auf ihre Jobs und ihre Arbeitsbedingungen konfrontiert sind.

 

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